Autobetrug – Rückgabe eines Umweltsünderautos!

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Dr. Thomas Schulte

Dr. Thomas Schulte ist Rechtsanwalt und Fachautor aus Berlin. Seit 1995 ist die Kanzlei erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tätig. Ich vertrete bundesweit die Interessen einzelner Anleger und arbeite zumeist via Email, Telefon oder Videomeeting für meine Mandanten. Der gute Ruf – Reputationsrecht und Beratung im Internet ist ein Arbeitsschwerpunkt.

Kann die Anfechtung erklärt werden, wenn der Schadstoffausstoß nicht richtig angegeben war? 

Ein häufiges Problem bei Fahrzeugkäufen ist die Angabe des Schadstoffausstoßes. Gerade im Rahmen des sogenannten Abgasskandals kam es oft vor, dass Hersteller oder Verkäufer den Schadstoffausstoß eines Fahrzeugs falsch angaben. Diese fehlerhaften Angaben zum Schadstoffausstoß haben viele Käufer dazu veranlasst, ihre Kaufverträge anzufechten, weil sie sich betrogen fühlten. Dabei stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder wegen Mängeln möglich ist, und welche rechtlichen Konsequenzen dies nach sich zieht.

Grundsätzlich kann ein Kaufvertrag nach § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten werden, wenn eine Partei durch bewusst falsche oder unterdrückte Informationen den Kaufvertrag herbeigeführt hat. Im Fall des Landgerichts (LG) München I (Az. 23 O 23033/15, Urteil vom 14.04.2016) wurde ein solcher Sachverhalt zugrunde gelegt. In diesem Fall war der Kauf eines Fahrzeugs, das im Rahmen des Abgasskandals von manipulierter Software betroffen war, Gegenstand der Entscheidung. Das LG München I entschied, dass die Anfechtung in solchen Fällen grundsätzlich möglich ist, wenn der Käufer aufgrund der fehlerhaften Angabe des Schadstoffausstoßes zum Vertragsschluss bewegt wurde und die Angabe nicht den tatsächlichen Emissionswerten entsprach​.

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Um eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu erklären, muss dem Verkäufer zumindest bedingter Vorsatz nachgewiesen werden. Im Urteil des LG München I wurde festgestellt, dass der Händler zwar nicht direkt von der Manipulation wusste, jedoch das Wissen des Herstellers auf ihn zu übertragen ist, da er eine Konzerntochter des Herstellers war. Der Händler pries das Fahrzeug als besonders schadstoffarm an, obwohl der Schadstoffausstoß durch eine Manipulationssoftware auf dem Prüfstand deutlich geringer ausfiel als im realen Fahrbetrieb. Die Tatsache, dass der Hersteller von der Abweichung der Schadstoffwerte wusste und das Fahrzeug dennoch so bewarb, führte zur Bewertung als arglistige Täuschung.

Nach § 123 Abs. 1 BGB erfordert die Anfechtung in solchen Fällen, dass der Verkäufer vorsätzlich handelt, um den Käufer zu täuschen. Der Kläger konnte darlegen, dass die fehlerhaften Angaben maßgeblich für seine Kaufentscheidung waren, da er das Fahrzeug unter der Annahme erwarb, dass der Schadstoffausstoß den beworbenen Werten entsprach. Das Gericht sah darin eine arglistige Täuschung, die zur Anfechtung berechtigte. Insbesondere die Arglist des Herstellers, die dem Händler zuzurechnen war, machte die Anfechtung rechtlich zulässig.

Mangel und Rücktritt gemäß §§ 434, 437 BGB

Neben der Anfechtung kann ein Käufer auch wegen eines Sachmangels nach den §§ 434, 437 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Auch hier kann der Schadstoffausstoß eine maßgebliche Rolle spielen. Wenn der Schadstoffausstoß erheblich von der beworbenen Beschaffenheit abweicht, liegt ein Sachmangel vor. Dies war in dem Fall des LG München I ebenfalls gegeben, da das Fahrzeug aufgrund der Manipulationssoftware im realen Betrieb höhere Schadstoffwerte aufwies als versprochen.

Nach § 323 Abs. 1 BGB kann der Käufer bei erheblichen Mängeln vom Kaufvertrag zurücktreten. Das LG München I bejahte die Erheblichkeit des Mangels, da die Abweichung des Schadstoffausstoßes eine erhebliche Pflichtverletzung darstellte. Eine Nachbesserung oder technische Anpassung waren ebenfalls nur unter erschwerten Bedingungen möglich, was den Rücktrittsgrund verstärkte. Dies zeigt, dass fehlerhafte Schadstoffangaben bei Fahrzeugen einen Rücktritt rechtfertigen können, wenn die Angaben nicht der tatsächlichen Beschaffenheit entsprechen und eine wesentliche Vertragsgrundlage darstellen.

Beispiel: Ein Käufer täuscht sich über den Schadstoffausstoß

Herr Meier kauft einen Neuwagen, der ihm als besonders umweltfreundlich und schadstoffarm verkauft wird. Der Verkäufer betont, dass der Schadstoffausstoß des Fahrzeugs im Vergleich zu ähnlichen Modellen besonders niedrig sei und das Fahrzeug die Abgasnorm Euro 6 einhält. Diese Eigenschaften waren entscheidend für Herrn Meiers Kaufentscheidung, da er großen Wert auf Umweltfreundlichkeit legt und steuerliche Vorteile für schadstoffarme Fahrzeuge erwartet. Nach einiger Zeit stellt sich jedoch heraus, dass der Schadstoffausstoß des Fahrzeugs im realen Fahrbetrieb deutlich höher ist als angegeben und das Fahrzeug nur durch eine spezielle Software die strengen Prüfstandvorgaben erfüllt. Herr Meier fühlt sich getäuscht und möchte den Kaufvertrag anfechten.

In dieser Situation könnte Herr Meier den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten, da der Verkäufer ihm bewusst oder zumindest fahrlässig falsche Angaben zum Schadstoffausstoß gemacht hat. Alternativ könnte Herr Meier wegen eines Sachmangels vom Vertrag zurücktreten, da das Fahrzeug nicht die beworbene schadstoffarme Beschaffenheit aufweist. Die Entscheidung des LG München I würde hier eine wichtige Orientierung bieten: Da der Schadstoffausstoß eine wesentliche Eigenschaft des Fahrzeugs ist und maßgeblich für die Kaufentscheidung war, wäre die Täuschung in diesem Fall erheblich und würde die Anfechtung oder den Rücktritt rechtfertigen.

Folgen der Anfechtung oder des Rücktritts

Erklärt ein Käufer die Anfechtung oder den Rücktritt vom Kaufvertrag, sind die Vertragsparteien verpflichtet, den Vertrag rückabzuwickeln. Dies bedeutet, dass der Käufer das Fahrzeug zurückgeben und der Verkäufer den Kaufpreis erstatten muss. Zusätzlich können dem Käufer Ersatzansprüche für weitere Kosten zustehen, die im Kontext des Kaufs entstanden sind, wie etwa für die Fahrzeugzulassung, Versicherungsbeiträge oder Anwaltskosten.

Die Gerichte entscheiden im Einzelfall, ob die Anfechtung oder der Rücktritt gerechtfertigt ist und in welchem Umfang Schadensersatz geleistet werden muss. Das Urteil des LG München I bestätigt, dass die fehlerhafte Angabe des Schadstoffausstoßes eine erhebliche Täuschung darstellt und den Käufer in die Lage versetzt, den Vertrag anzufechten oder zurückzutreten. Auch wenn eine Nachbesserung in Form eines Software-Updates möglich ist, kann diese unter Umständen nicht ausreichen, um den Mangel zu beheben, was dem Käufer weitere Ansprüche eröffnet.

Rechtliche Bewertung und Ausblick

Die fehlerhafte Angabe des Schadstoffausstoßes ist nicht nur aus umweltpolitischer Sicht ein brisantes Thema, sondern stellt auch erhebliche rechtliche Herausforderungen dar. Die Entscheidungen zum Abgasskandal, wie die des LG München I, zeigen, dass die Angabe des Schadstoffausstoßes einen wesentlichen Aspekt bei Fahrzeugkäufen darstellt und bei unrichtigen Angaben die Rechte der Käufer erheblich verletzt werden. Die Anfechtung eines Kaufvertrages oder der Rücktritt sind in solchen Fällen daher legitime Reaktionen, die auch vor Gericht Bestand haben können.

Im Zuge des Abgasskandals sind zahlreiche Fälle von fehlerhaften Schadstoffangaben bekannt geworden, und die Gerichte haben in vielen Fällen zugunsten der Verbraucher entschieden. Dennoch ist bei jedem Fall eine genaue Prüfung der Sachlage notwendig. Die Zurechnung des Wissens des Herstellers an den Händler, wie sie das LG München I festgelegt hat, ist nicht in allen Fällen eindeutig und bedarf weiterer gerichtlicher Präzisierung. Zudem bleibt die Frage, ob eine Nachbesserung durch technische Maßnahmen wie Software-Updates in allen Fällen ausreichend ist, um die Schadstoffangaben zu korrigieren und den Kaufvertrag zu erfüllen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die fehlerhafte Angabe des Schadstoffausstoßes eine erhebliche Täuschung und damit einen Anfechtungs- oder Rücktrittsgrund darstellen kann, wenn diese Angabe für die Kaufentscheidung relevant war. Die Entscheidung des LG München I zeigt, dass Gerichte bereit sind, den Täuschungscharakter von Manipulationssoftware anzuerkennen und den Käufern umfassende Rechte zur Vertragsauflösung zuzugestehen. Damit ist der Weg für Verbraucher eröffnet, in ähnlichen Fällen gegen Verkäufer oder Hersteller vorzugehen und ihren Anspruch auf schadstoffarme und umweltfreundliche Fahrzeuge geltend zu machen.

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