Käufer muss keine Reparatur akzeptieren – Fach-Beitrag von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt
München, im Herbst 2024 – Romantisch durch den Bayerischen Wald. Doch schon auf der ersten Fahrt streikt der Motor, und Sie müssen abgeschleppt werden. Der Werkstattbesuch ergibt: Motorschaden! Eine „Zitrone“ eben. In den USA würde jetzt das sogenannte „Lemon Law“ greifen, das Käufer vor solchen „sauren“ Überraschungen schützt. Montagsautos sind ein spezielles Rechtsgebiet und offenbar weltweit bekannt. In Großbritannien heißen sie “friday afternoon car”.
Doch zurück zum deutschen Recht und dem Urteil des OLG München vom 20.12.2016 – 8 U 2957/16: Hier ging es um einen Kläger, der mit seinem neuen Untersatz, ebenfalls ein „Montagsmodell“, bereits nach 112 Kilometern einen Unfall hatte, weil das Getriebe streikte. Der Händler bot eine Reparatur an – doch das OLG München entschied zugunsten des Klägers: Er hatte Anspruch auf ein neues Fahrzeug! Warum? Ganz einfach: Niemand möchte ein Unfallfahrzeug behalten, selbst wenn es repariert wurde.
Der Sachverhalt
Das Opfer aus München kaufte von einem Autohändler ein fabrikneues Auto. Bereits bei einer Laufleistung von 112 km erlitt der Käufer einen Unfall, der durch einen Getriebeschaden verursacht wurde. Das Fahrzeug wurde daraufhin in die Werkstatt des Händlers gebracht und von einem Sachverständigen begutachtet. Der Sachverständige stellte fest, dass der Getriebeschaden bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs vorlag. Das Opfer aus München forderte daraufhin die Lieferung eines neuen, baugleichen Fahrzeugs, da eine Reparatur für ihn nicht zumutbar sei. Der Händler lehnte dies ab und bot stattdessen eine Reparatur an.
Die Entscheidung des Gerichts
Das OLG München gab dem Käufer Recht. Ein neues Fahrzeug musste geliefert werden. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass bei einer Reparatur ein Unfallfahrzeug behalten werden müsste. Der Opfer aus München müsste dann bei einem späteren Weiterverkauf offenlegen, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handelt, wodurch der Verkaufspreis gemindert würde. Das Gericht führte weiter aus, dass der Händler durch die Rücknahme des Fahrzeugs und die Übereignung an den Hersteller oder Großhändler die Möglichkeit hätte, Ersatzansprüche geltend zu machen. Der Händler wäre durch die Lieferung eines neuen Fahrzeugs nicht übermäßig belastet. Des Weiteren handelt es sich bei Fahrzeugen mit weniger als 1.000 KM Laufleistung und einer Zulassungsdauer von unter einem Monat um Neuwagen. Bei Neuwagen kann die Lieferung eines fabrikneuen Austauschmodells verlangt werden.
Die Bedeutung des Urteils
Das Urteil des OLG München ist für Käufer von Neufahrzeugen von großer Bedeutung. Es zeigt, dass Käufer nicht gezwungen sind, eine Reparatur zu akzeptieren, wenn sie aufgrund eines Mangels, der bereits bei der Übergabe vorlag, einen Unfall erlitten haben. In einem solchen Fall können Käufer die Lieferung eines neuen, mangelfreien Fahrzeugs verlangen.
Besonderheiten des Einzelfalls
Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidung des OLG München auf den konkreten Umständen des Einzelfalls basiert. So war es in diesem Fall dem Händler ohne Weiteres möglich, ein neues, baugleiches Fahrzeug zu liefern. Zudem war die Laufleistung des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Unfalls sehr gering. Auch der Umstand, dass der Schaden im Getriebe lag und somit sicherheitsrelevant war, spielte bei der Entscheidung des Gerichts eine Rolle. Bei Montagsautos ohne Unfall gilt, dass diese auch zurückgegeben werden können und Geld verlangt werden kann. Hierzu gibt es unterschiedliche Urteile auch des Bundesgerichtshofs.
Das Urteil des OLG München stärkt die Rechte der Käufer von Neufahrzeugen. Es zeigt, dass Käufer nicht gezwungen sind, ein mangelhaftes Fahrzeug bei einem Unfall. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Käufer in einem solchen Fall Anspruch auf die Lieferung eines neuen, mangelfreien Fahrzeugs.
Prüfungsschema Montagsautos – Rückgabe möglich?
Montagsauto: Neuwagen mit stetig neuen Problemen, keine dauerhafte Mängelbeseitigung möglich. Rückgabe: Käufer kann Rücktritt vom Kaufvertrag verlangen, wenn das Auto dauerhaft fehlerhaft bleibt. Unfallwagen: Rückgabe möglich, wenn der Unfall durch einen herstellungsbedingten Mangel verursacht wurde. Voraussetzungen: Nacherfüllung des Verkäufers muss gescheitert sein oder Unzumutbarkeit. Fristsetzung entbehrlich bei Unmöglichkeit.