Geld überwiesen – oder nur behauptet?
Wie sicher ist der private Autoverkauf online – und wann wird ein Screenshot zur juristischen Falle?
Der Autoverkauf über Plattformen wie mobile.de, eBay Kleinanzeigen oder Autoscout24 ist heute so einfach wie nie: Anzeige hochladen, Nachrichten beantworten, Termin vereinbaren – fertig. Doch was viele als praktische Lösung empfinden, ist für professionelle Betrüger längst ein lukratives Spielfeld geworden. Immer häufiger täuschen Käufer mit gefälschten Zahlungsbelegen eine erfolgte Überweisung vor – und verschwinden mit dem Fahrzeug, bevor der Verkäufer bemerkt, dass auf dem Konto nie Geld eingegangen ist.
Die Täter treten freundlich, verbindlich und professionell auf. Sie kommunizieren schnell, zeigen angebliches Kaufinteresse und setzen subtil unter Zeitdruck. Was harmlos beginnt – ein kurzer WhatsApp-Chat, ein Screenshot einer vermeintlichen Banküberweisung – endet oft im Totalschaden: Das Fahrzeug ist weg, der Schaden vier- oder fünfstellig.
Die Polizei warnt, dass wer sein Auto online verkaufen möchte, nicht nur technisch wachsam sein, sondern auch juristisch klar denkensollte: Wann gilt eine Zahlung rechtlich als erfolgt? Reicht ein Screenshot aus? Und wie kann man sich als privater Verkäufer absichern, ohne auf die digitale Bequemlichkeit verzichten zu müssen? Dieser Beitrag liefert Antworten – und zeigt, warum Vorbereitung und Skepsis die besten Garanten für einen sicheren Verkauf sind.
Wie Betrüger gezielt auf Verkäufer zugehen
Ein aktueller Fall aus Murnau verdeutlicht, wie schnell es gehen kann: Kurz nach der Anzeigenschaltung für einen Mittelklassewagen meldete sich ein angeblich interessierter Käufer – ausschließlich per WhatsApp. Die Kommunikation war freundlich, professionell und spannend formuliert. Der „Käufer“ übermittelte vollständige Vertragsdaten, eine scheinbar korrekte Adresse sowie eine nachvollziehbare Begründung für die schnelle Abwicklung.
Dr. Thomas Schulte sieht in der reinen Messenger-Kommunikation bereits ein erstes Warnsignal:
„Die ausschließliche Nutzung von WhatsApp oder ähnlichen Diensten bietet Tätern die Möglichkeit, anonym, schnell und ohne Nachverfolgung zu agieren.“
Trotz des vermeintlich professionellen Auftretens wurde der Verkäufer stutzig – und das zurecht.
Der Trick mit dem gefälschten Kontoauszug
Im Murnauer Fall schickte der angebliche Käufer dem Verkäufer zwei Screenshots eines angeblich durchgeführten Banktransfers. Zu sehen war das Logo einer bekannten Bank, der korrekte Betrag, das richtige Datum – alles sah auf den ersten Blick authentisch aus. Doch genau hier lag die Falle: Solche Screenshots lassen sich heute problemlos fälschen.
Die Verbraucherzentrale warnt seit Jahren vor dieser Masche. Auch Rechtsanwalt Dr. Schulte stellt klar:
„Ein Screenshot ersetzt keinen tatsächlichen Zahlungseingang. Maßgeblich ist allein, ob das Geld auf dem eigenen Konto gutgeschrieben wurde – und nicht, was in einer Grafik behauptet wird.“
Noch perfider: Der angebliche Käufer schickte sogar einen „Abholer“ zum vereinbarten Ort. Dieser wusste jedoch nicht, wie der Käufer heißt oder welche Angaben im Kaufvertrag stehen. Spätestens hier wurde der Verkäufer misstrauisch – und informierte die Polizei.
Polizei lobt klares Handeln
Durch seine besonnene Reaktion konnte der Verkäufer den Betrug abwehren. Er verweigerte die Herausgabe des Fahrzeugs und dokumentierte den gesamten Vorgang für die Ermittlungsbehörden.
Denn das ist Teil der Täterstrategie: Dringlichkeit erzeugen, um kritisches Denken zu unterbinden.
Typische Merkmale betrügerischer Käufe
Die Polizei und Verbraucherschützer haben über die Jahre typische Muster erkannt, die immer wieder bei solchen Betrugsversuchen auftauchen:
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Kommunikation ausschließlich über Messenger-Dienste wie WhatsApp, Signal oder Telegram
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Schnelle Kaufzusage ohne detaillierte Rückfragen oder Besichtigung
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Gefälschte Zahlungsnachweise, meist in Form von Screenshots
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Ersatzpersonen, die ohne vollständige Informationen zum Fahrzeug erscheinen
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Kein persönlicher Kontakt mit dem eigentlichen Käufer
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Wenn mehrere dieser Merkmale gleichzeitig auftreten, ist höchste Vorsicht geboten. Laut einer Studie des Bundeskriminalamts agieren Betrüger heute systematisch und teilweise mit professionellem Hintergrund – oft über internationale Netzwerke.
Der rechtliche Hintergrund: Betrug nach § 263 StGB
Rechtsanwalt Dr. Schulte, Experte für Internet- und Fahrzeugrecht, erklärt:
„Wichtig ist zu verstehen, dass nicht erst der vollendete Betrug strafbar ist. Bereits der Versuch, jemanden in eine Falle zu locken, kann nach § 263 StGB strafrechtlich verfolgt werden.“
Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig:
„Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt […], wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Die Strafanzeige, die im Murnauer Fall gestellt wurde, war also nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig. Denn je früher solche Fälle angezeigt werden, desto größer ist die Chance, auch andere potenzielle Opfer zu schützen.
Wichtige Empfehlungen für private Verkäufer
Die Polizei gibt klare Empfehlungen, wie sich Privatpersonen bei einem Fahrzeugverkauf schützen können:
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Nur bei echtem Geldeingang verkaufen
Erst wenn das Geld tatsächlich auf dem Konto eingegangen ist (nicht nur angekündigt), darf das Fahrzeug übergeben werden. -
Skepsis bei schnellen Zusagen
Ein echter Käufer möchte das Auto sehen, Probe fahren und Fragen stellen. Wer sofort „ja“ sagt, handelt verdächtig. -
Persönliches Treffen einfordern
Ein Kaufvertrag ist nur dann sicher, wenn beide Parteien sich gegenüberstehen und die Identität geprüft werden kann. -
Vertragsdaten abgleichen
Immer Personalausweis zeigen lassen und mit dem Kaufvertrag abgleichen. Keine Ausnahmen. -
Bei Unsicherheit sofort die Polizei einschalten
Auch ein „schlechtes Gefühl“ ist Grund genug, den Verkauf zu stoppen und Hilfe zu holen.
Zahlen belegen die Zunahme der Betrugsfälle
Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt einen deutlichen Trend: Internetbasierter Betrug nimmt kontinuierlich zu. Besonders Plattformen für private Fahrzeugverkäufe geraten dabei in den Fokus.
Laut einer Bitkom-Studie haben mehr als ein Drittel der Internetnutzer bereits Erfahrungen mit Online-Betrug gemacht – Tendenz steigend. Die Betrugsformen reichen von Fahrzeugverkäufen über Fake-Wohnungsanzeigen bis hin zu erfundenen Onlineshops und Anlageangeboten.
Misstrauen schützt vor Schaden
Der Murnauer Fall zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, auch im digitalen Raum gesundes Misstrauen walten zu lassen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – dieser Grundsatz gilt beim Onlinehandel mehr denn je.
Auch Rechtsanwalt Thomas Schulte appelliert an gesunden Menschenverstand:
„Besser einmal zu viel absichern als einmal zu schnell handeln. Wer auf Druck reagiert, verliert meist – nicht nur Geld, sondern auch rechtliche Möglichkeiten.“
Prävention statt Reaktion
Information ist die beste Verteidigung. Deshalb empfehlen Polizei, Verbraucherzentralen und Fachanwälte, sich regelmäßig über aktuelle Betrugsmaschen zu informieren. Viele Portale bieten Warnlisten, Foren oder Erfahrungsberichte anderer Nutzer. Auch YouTube-Videos, Artikel in Fachmedien und Social Media können wertvolle Hinweise geben.
Verkäufer sollten sich dabei immer folgende Fragen stellen:
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Warum will der Käufer so schnell abschließen?
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Warum verzichtet er auf eine Probefahrt?
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Warum kommt eine andere Person zur Übergabe?
Wer hier zögert und hinterfragt, schützt nicht nur sich – sondern auch andere potenzielle Opfer.
Unterstützung durch Fachanwälte
Gerade bei ungewöhnlichen Verkaufsverläufen oder internationalen Anfragen lohnt sich der Blick durch die juristische Brille. Dr. Thomas Schulte von ABOWI Law bietet rechtliche Ersteinschätzungen für Betroffene an – sowohl vor dem Verkauf als auch bei aufgetretenen Problemen.
„Schon die kleinste Abweichung vom üblichen Ablauf kann juristisch relevant sein. Eine kurze Einschätzung durch einen Experten spart im Ernstfall viel Geld und Nerven.“
Die Kanzlei berät seit Jahren in Fällen von Online-Betrug, Identitätsdiebstahl und Plattformmissbrauch. Dank der Verbindung von technischem Verständnis und juristischer Expertise kann ABOWI auch komplexe Fälle rasch analysieren und geeignete Gegenmaßnahmen empfehlen.
Fazit: Sicher verkaufen heißt informiert verkaufen
Der Autoverkauf im Internet birgt Chancen – aber auch Risiken. Wer gut vorbereitet ist, potenzielle Warnsignale erkennt und bei Zweifeln rechtzeitig handelt, kann sich effektiv vor Betrug schützen. Der Fall aus Murnau zeigt: Aufmerksamkeit, gesunder Menschenverstand und der Mut zur Ablehnung sind die besten Werkzeuge gegen moderne Betrugstaktiken.
Verkaufen Sie niemals unter Druck. Vertrauen Sie auf echte Zahlungseingänge. Und wenn Sie sich unsicher sind: Holen Sie Hilfe.