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Bundesgerichtshof erleichtert Rückabwicklung – Mehrwertsteuerfalle bei der Rückabwicklung des Autokaufs

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Autokauf und Rückabwicklung - ABOWI Law
Dr. Thomas Schulte – Rechtsanwalt
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Tausende Autokauffälle – zum Beispiel ein VW Touareg in Wuppertal – pro Tag in Deutschland, doch manche Fälle finden Eingang in die Gerichtsakten. Ob nun Betrugsfall oder nur ein normaler Streit mit dem Autohändler. Wenn alles nicht hilft, landet der Fall vor Gericht. So auch der Fall des VW Touareg. Die Rechtssprechung hat verschiedene Möglichkeiten entwickelt, fiesen Betrugsfällen mit ausgeklügelten allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verkäuferseite zu widersprechen. Aber Fairness muss sein, wenn beispielsweise ein Gewährleistungsrecht greift, darf der Käufer das Auto zurückgeben und bekommt sein Geld zurück. Ein besonders umstrittenes Thema ist die Berechnung des Nutzungsersatzes für den Gebrauch des Autos in der Zwischenzeit. Der Bundesgerichtshof (BGH) als höchstes deutsches Zivilgericht hat in einem wegweisenden Urteil vom 9. April 2014 wichtige Klarstellungen getroffen und die Rechte der Käufer gestärkt (Aktenzeichen VIII ZR 215/13).

Der Fall: Streit um die Mehrwertsteuer

Im konkreten Fall, der dem Urteil zugrunde lag, erwarb ein Käufer einen gebrauchten VW Touareg für 75.795 Euro (brutto). Doch schon bald nach dem Kauf traten erhebliche Mängel am Fahrzeug auf, die den Käufer dazu veranlassten, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Die Gerichte gaben dem Käufer recht. Die Verkäuferin war zur Rückabwicklung bereit, verlangte jedoch einen Nutzungsersatz für die bereits gefahrenen Kilometer. Hierbei wurde der Streitpunkt offensichtlich: Die Verkäuferin berechnete den Nutzungsersatz auf Grundlage des Bruttokaufpreises und wollte diesen Betrag vom Kaufpreis abziehen. Der Käufer hingegen ging davon aus, dass der Nutzungsersatz auf den Nettokaufpreis beschränkt bleiben müsse und zusätzlich die Mehrwertsteuer fällig werde.

Das zentrale juristische Problem war die Frage, ob der Nutzungsersatz auf Basis des Netto- oder Bruttokaufpreises zu berechnen ist und ob dabei zusätzlich Mehrwertsteuer erhoben werden darf. Dieser vermeintlich technische Streitpunkt hat in der Praxis erhebliche finanzielle Auswirkungen, insbesondere bei hochpreisigen Fahrzeugen. Das macht bei der Berechnung einen erheblichen Unterschied für den Käufer. 

Das Urteil: Keine Doppelbelastung mit Mehrwertsteuer

Der Bundesgerichtshof entschied klar zugunsten des Käufers. Nach Auffassung des Gerichts muss der Nutzungsersatz auf Basis des Bruttokaufpreises berechnet werden, und es darf keine zusätzliche Mehrwertsteuer auf den Nutzungsersatz erhoben werden. Dieses Urteil brachte somit erhebliche Klarheit in eine zuvor umstrittene Rechtsfrage und schützt die Verbraucher vor einer unrechtmäßigen finanziellen Doppelbelastung.

Die Begründung: Fairness und Vermeidung von Doppelbelastung

Der Bundesgerichtshof stützte seine Entscheidung auf mehrere zentrale Erwägungen, die das Urteil nachvollziehbar und fair erscheinen lassen:

  1. Interesse beider Vertragsparteien: Der Bruttokaufpreis, also der Kaufpreis inklusive Mehrwertsteuer, bildet die Basis für den gesamten Vertragsabschluss. Der Käufer hat diesen Betrag bereits bezahlt. Es wäre unlogisch und ungerecht, ihn bei der Rückabwicklung zusätzlich mit einer weiteren Mehrwertsteuerbelastung zu konfrontieren, zumal die Mehrwertsteuer bereits im ursprünglichen Kaufpreis enthalten war.
  2. Vermeidung von Doppelbelastung: Eine Erhebung der Mehrwertsteuer auf den Nutzungsersatz hätte zur Folge, dass der Käufer doppelt zur Kasse gebeten wird. Dies widerspricht grundlegenden Prinzipien der Steuergerechtigkeit und des Verbraucherschutzes. Die Mehrwertsteuer ist eine einmalige Abgabe, die beim Kauf des Fahrzeugs bereits entrichtet wurde und nicht erneut auf den Nutzungsersatz aufgeschlagen werden darf.
  3. Praktische Fairness: Auch aus praktischer Sicht ist die Entscheidung des BGH sinnvoll. Eine zusätzliche Mehrwertsteuer auf den Nutzungsersatz würde die Berechnung unnötig verkomplizieren und den Käufer unangemessen belasten.

Praktische Bedeutung: Mehr Rechtssicherheit für Käufer

Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat nicht nur für den konkreten Fall, sondern für viele zukünftige Rückabwicklungen von Autokäufen erhebliche Bedeutung. Es schafft Rechtssicherheit und verhindert unnötige Streitigkeiten zwischen Käufern und Verkäufern.

Rechtssicherheit: Zuvor herrschte Unsicherheit darüber, wie der Nutzungsersatz in solchen Fällen korrekt zu berechnen sei. Verkäufer hatten immer wieder versucht, den Nutzungsersatz auf Grundlage des Nettokaufpreises zu berechnen und zusätzlich Mehrwertsteuer zu verlangen. Das Urteil stellt nun klar, dass dies nicht zulässig ist. 

Verbraucherschutz: Für Verbraucher bedeutet das Urteil eine erhebliche Stärkung ihrer Rechte. Sie sind bei der Rückabwicklung eines Autokaufs vor überzogenen Forderungen geschützt und können sich darauf verlassen, dass die Berechnung des Nutzungsersatzes fair erfolgt.

Fazit: Ein wichtiges Urteil für Verbraucher

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. April 2014 ist ein wichtiger Meilenstein für den Verbraucherschutz im Automobilhandel. Es sorgt nicht nur für mehr Fairness und Transparenz bei der Rückabwicklung von Autokäufen, sondern schützt die Käufer auch vor einer unzulässigen Doppelbelastung durch Mehrwertsteuer. Dies ist besonders wichtig, da viele Verbraucher bei der Rückgabe eines mangelhaften Fahrzeugs ohnehin schon finanziell belastet sind – sei es durch Reparaturkosten oder den Ärger über den Zeitverlust. Die Entscheidung des BGH sorgt hier für klare Regeln und stärkt das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Praxisauswirkungen

Bei der praktischen Berechnung des Nutzungswertersatzes bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs werden in der Regel folgende Schritte durchgeführt:

  1. Ermittlung der Berechnungsgrundlage:

   Als Basis wird der Bruttokaufpreis des Gebrauchtwagens herangezogen.

  1. Bestimmung der Gesamtlaufleistung:

Für Gebrauchtwagen wird die zu erwartende Restlaufleistung seit dem Kauf verwendet. Diese errechnet sich aus der erwarteten Gesamtlaufleistung abzüglich des Kilometerstands beim Kauf.

  1. Anwendung der Berechnungsformel:

Die gängige Formel lautet:
Nutzungswertersatz = (Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer) / erwartete Restlaufleistung.

  1. Berücksichtigung von Pauschalwerten:

Häufig werden zur Vereinfachung Pauschalwerte zwischen 0,33 Prozent und 0,67 Prozent des Kaufpreises pro 1.000 gefahrenen Kilometer angesetzt. Diese Werte entsprechen einer angenommenen Gesamtlaufleistung von:

   – 0,67 %: ca. 150.000 km

   – 0,50 %: ca. 200.000 km 

   – 0,40 %: ca. 250.000 km

   – 0,33 %: ca. 300.000 km

  1. Prüfung auf Angemessenheit:

Es sollte geprüft werden, ob der errechnete Wert angemessen erscheint. Bei älteren Fahrzeugen oder Fahrzeugen mit hoher Laufleistung können niedrigere Prozentsätze angebracht sein.

  1. Berücksichtigung von Mängeln:

Bei erheblichen Mängeln, die die Nutzung eingeschränkt haben, kann ein Abschlag von 10-50 % auf den errechneten Nutzungswertersatz vorgenommen werden.

  1. Keine zusätzliche Mehrwertsteuer:

Auf den errechneten Nutzungswertersatz wird keine zusätzliche Mehrwertsteuer aufgeschlagen, da diese bereits im Bruttokaufpreis enthalten ist.

In der Praxis ist es ratsam, die Berechnung transparent darzulegen und bei Uneinigkeit gegebenenfalls einen Sachverständigen hinzuzuziehen. 

Weitere Tipps und Tricks beim Autokauf – wie vermeide ich, Betrugsopfer zu werden?

Kluge Käufer sind überversicherte Datendetektive mit vielen Freuden. Warum?

Beim Kauf eines Autos sollte der erste Schritt immer beim Versicherungsvertreter beginnen. Dies liegt daran, dass es klug ist, vorab eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Diese bietet Schutz, wenn später rechtliche Konflikte im Zusammenhang mit dem Fahrzeug auftreten sollten. Nach einer obligatorischen Wartefrist der Versicherung kann der Kauf mit zusätzlicher Sicherheit erfolgen. Eine Rechtsschutzversicherung deckt im Fall eines Gerichtsverfahrens wichtige Kosten wie Gutachten und Gerichtskosten ab. Hier ist zu beachten, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besonders die Stellung von Sachverständigen verbessert hat (BGH Beschl. v. 30.07.2024, Az. VI ZR 122/23). 

Es ist zudem wichtig, alle Dokumente zu sichern und zu kopieren, um sich gegen Betrügereien abzusichern. Auch Internetanzeigen, die vom Verkäufer häufig als unverbindlich deklariert werden, können in rechtlichen Auseinandersetzungen als Zusicherungen betrachtet werden. Das Gesetz, insbesondere § 434 III Nr. 2 b) BGB, beschreibt, dass ein Fahrzeug den üblichen Anforderungen entsprechen muss, wie sie durch öffentliche Äußerungen, etwa in der Werbung, dargestellt werden.

Um sich noch weiter abzusichern, ist es ratsam, beim Kauf einen Zeugen mitzunehmen. Dieser kann im Streitfall vor Gericht die Vertragsverhandlungen bezeugen. Bei besonders günstigen Angeboten ist Vorsicht geboten, da „zu billig“ oft auf versteckte Mängel hinweisen könnte. Ein schriftlicher Kaufvertrag ist unverzichtbar, um den Kauf rechtlich zu dokumentieren. Mündliche Absprachen sollten vermieden werden.

Zusätzliche Sicherheit für den Käufer kann auch durch die sogenannte „Fahrzeug-Schufa“ gewährleistet werden. Anhand der Fahrzeug-Identifikationsnummer (VIN) können hier Informationen über versicherungsrelevante Schäden abgefragt werden. Wenn der Käufer schließlich den Verdacht hat, betrogen worden zu sein, sollten umgehend rechtliche Schritte eingeleitet werden. Gut, dass die gefahrenen Kilometer des Autos fair berücksichtigt werden. 

Sind Sie von einem Betrugsfall betroffen oder möchten Sie Ihren Autokauf rückabwickeln? Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Beratung und rechtliche Unterstützung!

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Dr. Thomas Schulte

Dr. Thomas Schulte ist Rechtsanwalt und Fachautor aus Berlin. Seit 1995 ist die Kanzlei erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tätig. Ich vertrete bundesweit die Interessen einzelner Anleger und arbeite zumeist via Email, Telefon oder Videomeeting für meine Mandanten. Der gute Ruf – Reputationsrecht und Beratung im Internet ist ein Arbeitsschwerpunkt.

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