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Fehlende Compliance bei UmweltBank AG führt zu Bußgeld der BaFin

ABOWI Law
Fehlende Compliance bei UmweltBank AG führt zu Bußgeld der BaFin - Dr Thomas Schulte

Wenn grüne Banken rote Linien überschreiten? Wie ein Bußgeld gegen die UmweltBank AG zur Grundsatzfrage wird: Genügt gute Absicht – oder zählt nur harte Compliance?

Was passiert, wenn eine Bank mit ökologischem Anspruch aufsichtsrechtlich aus dem Tritt gerät? Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat kürzlich gegen die UmweltBank AG ein empfindliches Bußgeld von 520.000 Euro verhängt – wegen mangelhafter Compliance-Strukturen. Ein Vorgang, der weit über den Einzelfall hinausweist.

Denn wer dachte, dass Nachhaltigkeit allein als Schutzschild gegen regulatorische Sanktionen dient, sieht sich eines Besseren belehrt. Die Entscheidung der BaFin zeigt in aller Deutlichkeit: Gute Absichten ersetzen keine formale Rechtskonformität. Der Maßstab ist Compliance – nicht die Moral des Geschäftsmodells.

Als langjähriger Beobachter des Kapitalmarkt- und Bankaufsichtsrechts frage ich mich: Sind viele kleinere Institute, die sich auf ethisches Banking, ökologische Investitionen oder soziale Finanzierung konzentrieren, möglicherweise strukturell überfordert mit der Vielzahl regulatorischer Anforderungen? Wo endet der Idealismus – und wo beginnt die Pflicht zur lückenlosen Überwachung, Dokumentation und Risikokontrolle?

Diese Entscheidung trifft ins Mark eines Selbstbilds, das viele grüne Banken von sich haben. Doch kann Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell langfristig bestehen, wenn sie mit regulatorischer Nachlässigkeit einhergeht? Und was bedeutet das für Anleger, Aufsichtsräte und Kunden, die bewusst auf Wertebanken setzen?

Die folgenden Ausführungen werfen einen kritischen Blick auf die Entscheidung der BaFin, analysieren ihre juristische Tragweite und stellen die Frage, ob das Zeitalter der reinen Image-Compliance endgültig vorbei ist.

Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz

Die UmweltBank AG, bekannt als Institut mit ökologischem Anspruch und nachhaltigem Geschäftsmodell, hatte in den Jahren 2020 bis 2023 nicht dafür Sorge getragen, dass ihre Compliance-Funktion ausreichend personell ausgestattet war. Dies verstößt gegen zentrale Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), insbesondere gegen § 81 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 80 Absatz 1 WpHG. In der Praxis bedeutet das: Die Bank war nicht in der Lage, gesetzlich vorgeschriebene Überwachungs- und Prüfmaßnahmen ordnungsgemäß durchzuführen. Diese Vorschriften dienen der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens. Es geht also nicht vorrangig um Sanktion, sondern um präventive Aufsichtskontrolle.

Experten im Finanzrecht betonen immer wieder, dass eine funktionierende Compliance-Abteilung das Rückgrat jeder nachhaltigen Bankstrategie ist. Die Rechtsnormen, auf die sich die BaFin bei der Verhängung der Strafe gestützt hat – insbesondere der Artikel 22 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 – sehen vor, dass ein Institut die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen treffen muss, um Interessenkonflikte zu vermeiden und Marktmissbrauch zu verhindern. Wenn dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren versäumt wird, ist das ein schwerwiegender Mangel.

Nicht zur Verfügung gestellter Compliance-Bericht

Ein zweiter gravierender Aspekt betraf den ebenfalls beanstandeten Compliance-Bericht für das Jahr 2021/2022. Dieser war den Geschäftsleitern der UmweltBank AG nicht vollständig zur Verfügung gestellt worden. Hier liegt ein Verstoß gegen § 81 Absatz 3 WpHG vor. Diese Vorschrift verpflichtet den Compliance-Beauftragten, der Geschäftsleitung regelmäßig und unverzüglich über erhebliche Verstöße oder Risiken zu berichten. Denn nur so kann die Geschäftsleitung ihrer Verantwortung nachkommen und angemessene Maßnahmen ergreifen.

Fehlende oder unvollständige Berichte sind daher nicht nur eine Formalie, sondern gefährden die Unternehmensleitungskompetenz. Führt man sich vor Augen, dass § 91 Absatz 2 AktG bei Aktiengesellschaften fordert, dass ein „Überwachungssystem“ installiert sein muss, das frühzeitig Entwicklungen erkennt, dann wird klar: Versäumte Berichterstattung bedeutet auch eine strukturelle Gefahr für die gesamte Unternehmensplanung.

Strenge aufsichtsrechtliche Anforderungen

Der Fall UmweltBank sollte von anderen Instituten als Signal verstanden werden, dass die BaFin zunehmend weniger bereit ist, strukturelle Defizite im Bereich Compliance mit Nachsicht zu behandeln. Im Gegenteil entwickelt sich das aufsichtsrechtliche Umfeld angesichts europäischer Vorgaben weiter in Richtung Präzision und Konsequenz. Dies mag manchen Juristen an eine Verschärfung erinnern – ich jedoch begrüße diese Entwicklung ausdrücklich. Denn Transparenz und sichere Strukturen schaffen Vertrauen an den Kapitalmärkten.

Es ist auch bemerkenswert, dass die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 konkrete Vorgaben an die Funktion der Compliance gibt. In Artikel 22 Absatz 2 dieser Verordnung heißt es: „Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen sorgt dafür, dass die für die Compliance-Funktion zuständigen Personen unabhängig handeln können und die notwendige Autorität, Ressourcen und Fachkenntnisse haben, um ihre Aufgaben sachgerecht zu erfüllen.“ Diese Vorschrift war eindeutig verletzt.

Auswirkungen auf den Finanzmarkt

Auch wenn die UmweltBank AG gegen die Entscheidung der BaFin rechtlich vorgehen kann, was ihr nach deutschem Recht zusteht, ist der Fall für den gesamten Finanzsektor ein Lehrstück. Besonders Mittlere und kleinere Banken – darunter viele Volksbanken, Sparkassen und spezialisierte Nachhaltigkeitsbanken – müssen sich selbst auf den Prüfstand stellen. Sie dürfen ihre Compliance-Funktion nicht als bloße administrative Schutzmaßnahme betrachten, sondern als zentrales Element ihrer Geschäftsstrategie. Gerade im Zuge der Regulatorik der letzten zehn Jahre ist offensichtlich geworden, dass die Finanzaufsicht in Deutschland und Europa langfristig auf Qualität setzt. „Wer Compliance schwächt, gefährdet das gesamte Institut“, lautet eine weitere juristische Unternehmensstrategie.

Juristische Bewertung: Ein Bußgeld als Ausdruck rechtsstaatlicher Gleichbehandlung und europäischer Normdurchsetzung

Aus juristischer Sicht zeigt das Vorgehen der BaFin gegen die UmweltBank AG exemplarisch, wie das Zusammenspiel zwischen unternehmerischer Pflichterfüllung und aufsichtsrechtlicher Durchsetzungspraxis in einem regulierten Markt funktionieren muss – und auch funktionieren kann. Die BaFin hat mit der Verhängung eines Bußgelds in Höhe von 520.000 Euro keine neue Rechtslage geschaffen, sondern das bestehende aufsichtsrechtliche Normenregime konsequent angewendet. Dieses Vorgehen ist rechtlich nicht nur zulässig, sondern systematisch geboten: Eine lückenhafte Compliance-Struktur darf – unabhängig vom Geschäftsmodell eines Instituts – nicht als Wettbewerbsfaktor missverstanden werden.

Denn genau hier liegt der eigentliche rechtliche Kern des Falls: Die Einhaltung gesetzlicher Anforderungen, insbesondere im Bereich der organisatorischen Pflichten nach dem Kreditwesengesetz (KWG) und dem Geldwäschegesetz (GwG), ist keine Option, sondern eine justiziable Pflicht. Wenn Aufsichtsbehörden wie die BaFin Verstöße feststellen und sanktionieren, dann nicht als moralische Bewertung, sondern zur Wahrung der Gleichbehandlung und zur Sicherung systemischer Stabilität. Ein regulatorisches „Durchwinken“ – sei es aus politischer Rücksicht auf grüne Banken oder wegen unternehmerischen Selbstimages – würde nicht nur das Vertrauen in die Aufsicht untergraben, sondern auch rechtsstaatliche Prinzipien aushöhlen. Der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität in der Aufsicht verlangt konsequentes Handeln.

Ein besonders beachtenswerter Aspekt ist die Rolle der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565, die auf Basis der MiFID II erlassen wurde und Anforderungen an die organisatorischen Vorkehrungen, das Risikomanagement und die Compliance-Struktur von Wertpapierfirmen konkretisiert. Diese Verordnung ist unmittelbar anwendbares EU-Recht, wird jedoch in Deutschland in ständiger Wechselwirkung mit dem KWG, der WpHG-MaRisk sowie der Aufsichtspraxis der BaFin interpretiert und angewendet. Juristisch besonders relevant ist dabei die Frage, wie die europarechtlich vorgegebene Flexibilität der Mitgliedstaaten tatsächlich genutzt wird – und wie weit der nationale Gesetzgeber in der Lage oder bereit ist, Regelungsspielräume zu konkretisieren.

Die Sanktion gegen die UmweltBank AG wirft damit auch eine grundsätzliche Frage zur nationalen Umsetzung europäischer Finanzmarktvorgaben auf: Wie intensiv nutzt Deutschland seinen Gestaltungsspielraum im Rahmen des EU-Sekundärrechts, und wie konsistent ist die praktische Anwendung durch die Aufsicht? Gerade bei Delegierten Verordnungen, die ohne klassisches Gesetzgebungsverfahren Geltung entfalten, stellt sich für Praktiker immer wieder die Frage, wie sich diese Vorschriften in das nationale Gefüge einfügen – und ob daraus faktisch ein regulatorischer Überbau entsteht, der hohe Anforderungen an die Rechtsberatungspraxis und interne Kontrollsysteme stellt.

In der Praxis bedeutet dies: Die rechtliche Beratung im Finanzsektor muss nicht nur die BaFin-Rundschreiben und nationale Verwaltungspraxis im Blick behalten, sondern zunehmend auch die direkt geltenden europäischen Normen, ihre systematische Einbindung und Wechselwirkungen. Der Fall UmweltBank verdeutlicht, dass Compliance nicht bei der formalen Existenz einer Abteilung endet, sondern an deren Effektivität gemessen wird – anhand objektiver Maßstäbe, mit zunehmender Detailtiefe und auf europäisch einheitlichem Niveau.

Für Juristen ist dieser Fall damit auch ein Mahnruf zur vertieften Systemkenntnis: Die Beratungspraxis in einer zunehmend europäisierten Bankenaufsicht verlangt permanente Fortbildung, systemisches Verständnis und belastbare juristische Argumentation, um Mandanten nicht nur regelkonform, sondern auch zukunftssicher aufzustellen.

Zukunftsperspektiven und Empfehlungen

Was bleibt also nach dieser Sanktion für die Zukunft? Aufsichtsbehörden erwarten von jedem Institut ein strukturiertes und widerstandsfähiges Compliance-System. Das bedeutet: Personal, Expertise, digitale Tools, Redundanzen und regelmäßige Überwachung. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Kommunikation zwischen Compliance-Abteilung und Geschäftsleitung reibungslos und vollständig funktioniert. Missverständnisse, Halbwahrheiten oder Unvollständigkeiten haben hier keinen Platz.

Dass die UmweltBank AG ausgerechnet im Bereich Compliance Mängel zeigt, dürfte auch für deren Kunden ein Warnsignal darstellen. Auch nachhaltige Banken sind letztendlich Unternehmen, die sich nicht neuen Regelwerken entziehen können. Wer sich über Jahre hinweg zu wenig um seine Kontrollarchitektur kümmert, spielt mit dem Vertrauen der Anleger und Kunden.

Schlussfolgerung aus Sicht eines Berliner Juristen

Die BaFin hat kein Exempel statuiert, sondern ein deutliches Signal gesendet: Wer in einem hochregulierten Markt agiert, muss die Spielregeln nicht nur kennen, sondern sie auch lückenlos einhalten. Das Bußgeld gegen die UmweltBank AG ist somit kein „grünes Missverständnis“, sondern eine aufsichtsrechtliche Klarstellung mit rechtsstaatlicher Durchschlagskraft.

Aus juristischer Sicht kann gesagt werden: Compliance ist heute keine Kür mehr, sondern Pflichtprogramm – und zwar nicht nur für Großbanken mit internationalem Filialnetz, sondern auch für Institute mit ökologischem Selbstverständnis und regionalem Fokus. Rechtskonformität darf nicht von der Farbe des Geschäftsmodells abhängen, sondern muss für alle gleichermaßen gelten. Nachhaltigkeit ist lobenswert – aber rechtliche Nachlässigkeit bleibt sanktionierbar.

Dabei gilt: Wer in ein funktionierendes Compliance-System investiert – in qualifiziertes Personal, regelmäßige Schulungen und fundierte Rechtsberatung – zahlt am Ende weniger. Nicht nur weniger Bußgelder, sondern auch weniger Reputationszins bei Kunden, Partnern und Aufsichtsbehörden.

Ob die UmweltBank AG gegen den Bescheid juristisch vorgehen wird, ist offen – die Erfolgsaussichten dürften jedenfalls in rechtlicher Hinsicht überschaubar sein. Denn der Maßstab ist nicht das Image, sondern die Umsetzung normativer Vorgaben. Und gerade in der heutigen Zeit, in der Compliance-Verstöße binnen Minuten öffentliche Aufmerksamkeit erzeugen, ist Prävention der beste Schutzschild.

Zum Schluss in aller Klarheit: Wer als Finanzinstitut ohne belastbare Compliance unterwegs ist, fährt wie ein Elektroauto ohne Ladestation – umweltfreundlich vielleicht, aber nicht weit.

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Dr. Thomas Schulte

Dr. Thomas Schulte ist Rechtsanwalt und Fachautor aus Berlin. Seit 1995 ist die Kanzlei erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tätig. Ich vertrete bundesweit die Interessen einzelner Anleger und arbeite zumeist via Email, Telefon oder Videomeeting für meine Mandanten. Der gute Ruf – Reputationsrecht und Beratung im Internet ist ein Arbeitsschwerpunkt.

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