Hemmung der Verjährung beim Autokauf: Gibt es einen Neubeginn der Verjährung bei Nacherfüllungshandlungen des Verkäufers?

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Valentin Schulte

Als Mitgründer von ABOWI LAW und einem Master in Volkswirtschaft, sowie als Jurastudent, besitzt er ein tiefes Verständnis für ökonomische Zusammenhänge und rechtliche Fragestellungen. Seine vielseitige akademische Ausbildung ermöglicht es ihm, fundierte, strategische Beratungen anzubieten und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.

Beim Autokauf können nachträglich Mängel auftreten, die der Käufer beim Vertragsschluss nicht erkannt hat. Der Gesetzgeber gewährt dem Käufer in solchen Fällen umfangreiche Rechte. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Verjährungsfrist, die regelt, wie lang der Käufer seine Rechte geltend machen kann. Doch wie verhält es sich, wenn der Verkäufer Nachbesserungsmaßnahmen vornimmt? Wird die Verjährung durch diese Maßnahmen gehemmt oder beginnt sie sogar neu? In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob es Fälle gibt, in denen das Berufen auf die Verjährung rechtsmissbräuchlich sein kann.

Verjährungsfristen beim Autokauf

Die gesetzlichen Verjährungsfristen beim Autokauf sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB beträgt die Verjährungsfrist für Sachmängelansprüche grundsätzlich zwei Jahre ab Ablieferung der Kaufsache. Dies bedeutet, dass der Käufer zwei Jahre Zeit hat, etwaige Mängel geltend zu machen. Bei Gebrauchtwagenverkäufen kann die Verjährungsfrist unter bestimmten Bedingungen auf ein Jahr verkürzt werden (§ 476 Abs. 2 BGB).

Im Verbrauchsgüterkauf, wenn also ein Unternehmer an einen Verbraucher verkauft, gelten verschärfte Regelungen, die den Verbraucher schützen sollen. Dabei spielt insbesondere die Beweislastumkehr zugunsten des Käufers (§ 477 BGB) eine Rolle. Hierbei wird vermutet, dass ein innerhalb eines Jahres auftretender Mangel bereits bei Übergabe vorlag, es sei denn, der Verkäufer kann das Gegenteil beweisen.

Hemmung der Verjährung durch Nacherfüllung

Nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wird die Verjährung unter bestimmten Umständen gehemmt, das heißt, die Frist wird vorübergehend angehalten. Ein typischer Fall der Hemmung tritt ein, wenn der Verkäufer eine Nacherfüllung vornimmt. Nach § 203 BGB wird die Verjährung gehemmt, solange zwischen den Parteien Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände geführt werden.

Diese Hemmung endet drei Monate nach dem Ende der Verhandlungen (§ 203 S. 2 BGB). Bei der Nacherfüllung durch den Verkäufer, sei es durch Reparatur oder Ersatzlieferung, wird die Verjährungsfrist nicht automatisch neu gestartet, sondern sie wird lediglich für die Dauer der Verhandlungen unterbrochen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass die Nacherfüllung regelmäßig nur eine Hemmung und keinen Neubeginn der Verjährung zur Folge hat​.

Beispiel: Hemmung der Verjährung bei Nachbesserung

Herr Rolf Schneider kauft einen Gebrauchtwagen Mercedes 200 von einem Händler in Neuss. Nach 18 Monaten stellt sich heraus, dass der Motor Mängel aufweist. Herr Schneider wendet sich an den Verkäufer, der eine Reparatur vornimmt. Während der Dauer der Reparatur wird die Verjährung gehemmt. Nachdem die Reparatur abgeschlossen ist, beginnt die Verjährungsfrist wieder zu laufen. Die Zeit, in der die Verhandlungen und die Reparatur durchgeführt wurden, wird auf die zweijährige Verjährungsfrist nicht angerechnet.

Neubeginn der Verjährung bei Nacherfüllung?

Ein Neubeginn der Verjährung tritt nur in Ausnahmefällen ein. Nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen, wenn der Schuldner den Anspruch durch Anerkenntnis bestätigt. Ein solches Anerkenntnis kann ausdrücklich erfolgen, etwa durch eine schriftliche Erklärung des Verkäufers, dass er den Mangel anerkennt und zur Behebung verpflichtet ist. Ein Anerkenntnis kann aber auch durch schlüssiges Verhalten vorliegen, beispielsweise durch die Durchführung umfangreicher Nachbesserungsmaßnahmen​.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass nicht jede Nachbesserung automatisch ein Anerkenntnis darstellt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass der bloße Umstand, dass der Verkäufer eine Reparatur durchführt, nicht ohne weiteres zu einem Neubeginn der Verjährung führt​. Ein Neubeginn tritt nur dann ein, wenn der Verkäufer durch sein Verhalten deutlich zu erkennen gibt, dass er den Anspruch des Käufers anerkennt.

Beispiel: Kein Neubeginn der Verjährung

Frau Nova Schmidt aus Köln kauft einen Neuwagen Ford Fiesta, der nach 22 Monaten Mängel an der Klimaanlage aufweist. Der Verkäufer bietet eine Reparatur auf Kulanzbasis an, betont jedoch, dass er rechtlich nicht zur Nachbesserung verpflichtet sei. In diesem Fall liegt kein Anerkenntnis vor, da der Verkäufer die Reparatur ausdrücklich nur aus Kulanz durchführt. Die Verjährungsfrist wird nicht neu gestartet, sondern nur für die Dauer der Reparatur gehemmt​.

Rechtsmissbräuchlichkeit des Verjährungseinwands

In bestimmten Fällen kann das Berufen auf die Verjährung als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Nach der allgemeinen Regelung des § 242 BGB darf eine Partei ihre Rechte nicht in einer Weise ausüben, die gegen Treu und Glauben verstößt. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kann vorliegen, wenn der Verkäufer den Käufer arglistig dazu verleitet, von der Geltendmachung seiner Ansprüche abzusehen, bis die Verjährungsfrist abgelaufen ist​.

Ein typisches Beispiel hierfür ist der Fall, dass der Verkäufer kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist eine Nachbesserung vornimmt, die den Mangel jedoch nicht endgültig behebt. Sollte sich der Mangel kurze Zeit nach Ablauf der Verjährungsfrist erneut zeigen, kann das Berufen auf die Verjährung rechtsmissbräuchlich sein. In solchen Fällen könnte der Käufer erfolgreich einwenden, dass das Verhalten des Verkäufers dazu geführt hat, dass er seine Ansprüche nicht rechtzeitig geltend machen konnte​.

Beispiel: Rechtsmissbräuchliches Berufen auf Verjährung

Herr Friedrich Meier aus Papenburg kauft ein Auto Mazda, bei dem nach 23 Monaten Mängel an der Karosserie auftreten. Der Verkäufer nimmt eine Nachbesserung vor, bei der das Fahrzeug neu lackiert wird. Nach einem halben Jahr stellt sich heraus, dass die Lackierung fehlerhaft war und der Mangel weiterhin besteht. Der Verkäufer beruft sich auf die Verjährung, da die zweijährige Frist inzwischen abgelaufen ist. In diesem Fall könnte das Gericht entscheiden, dass das Berufen auf die Verjährung rechtsmissbräuchlich ist, da der Verkäufer durch die mangelhafte Nachbesserung den Käufer davon abgehalten hat, seine Rechte rechtzeitig durchzusetzen​

Hemmung durch Verhandlungen

Neben der Nacherfüllung kann die Verjährung auch durch schwebende Verhandlungen gehemmt werden. Nach § 203 BGB wird die Verjährung gehemmt, solange die Parteien über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände verhandeln. Entscheidend ist hierbei, dass tatsächliche Verhandlungen über den Mangel geführt werden. Ein bloßes Abwarten oder die Einreichung eines Kulanzantrags genügt nicht​.

Die Hemmung der Verjährung endet, wenn eine Partei die Verhandlungen eindeutig und unmissverständlich für beendet erklärt. Dabei muss der Verkäufer klar zum Ausdruck bringen, dass er keine weiteren Maßnahmen ergreifen wird. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährungsfrist wieder zu laufen.

Beispiel: Hemmung durch Verhandlungen

Herr Michael Bauer aus Erlangen entdeckt 20 Monate nach dem Kauf seines Fahrzeugs BMW x1 einen Defekt am Getriebe. Er meldet den Mangel dem Verkäufer, der sich bereiterklärt, den Defekt zu prüfen. Zwischen den Parteien finden mehrere Gespräche statt, bei denen sie über die möglichen Ursachen des Defekts diskutieren. Während dieser Verhandlungen wird die Verjährung gehemmt. Erst als der Verkäufer erklärt, dass er keine weiteren Maßnahmen ergreifen wird, endet die Hemmung und die Verjährungsfrist läuft weiter​.

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