Was Käufer und Verkäufer wissen sollten – Mit Tipps von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt aus Berlin.
Der Kauf eines Gebrauchtwagens ist für viele Menschen eine spannende, aber auch risikoreiche Entscheidung. Neben der Frage nach dem besten Angebot und den gewünschten Fahrzeugmerkmalen spielt auch die Sorge vor Betrug eine große Rolle. Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte aus Berlin gibt hilfreiche Tipps, wie Sie Betrug erkennen und sich rechtlich absichern können – sei es durch ein klares Vorgehen beim Kauf, die Überprüfung von Details oder die rechtliche Beratung im Falle eines Falles.
Der rechtliche Rahmen: Grundlegende Regeln und hohe Risiken
Beim Autokauf greift das Kaufrecht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 433 BGB), das scheinbar einfach klingt: Der Käufer zahlt, der Verkäufer liefert. Doch auf dem Gebrauchtwagenmarkt treten oft versteckte Fallstricke auf. Jedes Jahr wechseln Millionen Fahrzeuge den Besitzer, und laut Bundeskriminalamt gehört Autobetrug zu den häufigsten Betrugsarten. Besonders betroffen sind private Autokäufer, die selten in der Materie bewandert sind und sich meist auf die Angaben des Verkäufers verlassen.
Ein gravierendes Problem ist die Tachomanipulation. Laut ADAC ist nahezu jedes dritte gebrauchte Fahrzeug in Deutschland betroffen, was bedeutet, dass Betrüger den Kilometerstand heruntersetzen, um den Verkaufswert zu erhöhen. „Wer einmal von Autobetrug betroffen ist, weiß, wie kompliziert und zeitintensiv es werden kann, zu seinem Recht zu kommen“, betont Dr. Schulte.
Typische Betrugsmaschen beim Gebrauchtwagenkauf
Betrüger nutzen das Vertrauen und die Unsicherheit vieler Käufer schamlos aus. Dr. Schulte erklärt: „Kaum jemand kauft regelmäßig Autos und kennt alle Details. Das machen sich einige Verkäufer und auch professionelle Betrüger zunutze.“
1. Die Kilometerstand-Manipulation – Häufigste Masche
Der manipulierte Kilometerstand ist einer der bekanntesten Betrugsfälle beim Autokauf. Durch das „Zurückdrehen“ des Tachos wird dem Fahrzeug ein niedrigerer Verschleiß und ein besserer Zustand vorgetäuscht, was den Preis steigert. Ein aktuelles Beispiel: Ein Käufer aus Hamburg entschied sich für einen scheinbar günstigen BMW 3er mit einem Kilometerstand von 90.000 km. Nach dem Kauf fand er heraus, dass das Fahrzeug tatsächlich schon über 180.000 km gefahren war – ein Wertverlust von mehreren tausend Euro.
Das Oberlandesgericht München hat in einem solchen Fall (Az. 20 U 1458/16) entschieden, dass der Käufer das Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrags hat, wenn der Kilometerstand wissentlich manipuliert wurde.
2. Verschweigen von Mängeln – Die heimliche Täuschung
Eine weitere gängige Methode ist das gezielte Verschweigen von Mängeln. Hierbei handelt es sich um Schäden oder Defekte, die der Verkäufer dem Käufer bewusst verschweigt. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Käufer aus Frankfurt erwarb einen Mercedes C-Klasse von einem Privatanbieter. Erst nach einigen Monaten stellte er fest, dass das Fahrzeug einen massiven Wasserschaden hatte, den der Vorbesitzer nach einem Unfall nur notdürftig repariert hatte. „In solchen Fällen handelt es sich um arglistige Täuschung, die vor Gericht meist zur Rückabwicklung berechtigt“, erklärt Dr. Schulte.
Vorsicht und Vorbereitung: So schützen Sie sich als Käufer
Dr. Schulte empfiehlt, den Autokauf nicht unvorbereitet anzugehen und stellt folgende Maßnahmen vor, um Autobetrug zu vermeiden:
Dokumentation ist das A und O: Speichern Sie alle Unterlagen wie Online-Inserate, E-Mails und Fotos des Fahrzeugs. Nach § 434 BGB können solche Anzeigen als Vertragsbestandteil gelten, insbesondere wenn der Verkäufer bestimmte Zusicherungen über den Zustand des Fahrzeugs gemacht hat.
Zeugen beim Kauf dabei haben: Die Anwesenheit einer weiteren Person kann spätere Unstimmigkeiten klären und das Gesprächsprotokoll belegen. „Eine zweite Meinung kann zudem oft dabei helfen, den Zustand des Fahrzeugs objektiv einzuschätzen“, rät Dr. Schulte.
Vorsicht bei verdächtig günstigen Preisen: Besonders günstige Angebote sollten skeptisch betrachtet werden. Ein VW Golf für 2.000 Euro, obwohl der Marktwert bei mindestens 5.000 Euro liegt, könnte ein Indiz für einen versteckten Schaden oder eine Manipulation sein. Dr. Schulte betont: „Niemand hat etwas zu verschenken, erst recht nicht auf dem Automarkt.“
Fahrzeug-Schufa prüfen: Durch eine Abfrage der VIN (Vehicle Identification Number) lässt sich die Schadenshistorie eines Fahrzeugs nachvollziehen. Diese Informationen zeigen, ob das Auto zuvor Unfallschäden hatte oder in Versicherungsfälle verwickelt war.
Hilfe bei Verdacht auf Betrug
Wenn Sie nach dem Kauf Zweifel an der Ehrlichkeit des Verkäufers haben, sollten Sie sofort handeln. Rechtsanwalt Dr. Schulte empfiehlt Folgendes:
- Verkäufer zur Nachbesserung auffordern: Sollte der Schaden behebbar sein, können Sie den Verkäufer zur Beseitigung auffordern. Bei gravierenden Mängeln wie einem manipulierten Kilometerstand können Käufer auch den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären.
- Fristen beachten: Viele rechtliche Schritte erfordern eine fristgerechte Reaktion. „Werden Fristen verpasst, kann dies schwerwiegende Folgen haben, beispielsweise den Verlust von Rechten“, erklärt Dr. Schulte.
- Juristischen Beistand suchen: Bei Verdacht auf arglistige Täuschung empfiehlt es sich, einen Anwalt für Verkehrsrecht oder Verbraucherrecht hinzuzuziehen. Ein erfahrener Anwalt kann prüfen, welche Ansprüche Ihnen zustehen und diese gegebenenfalls durchsetzen.
Fallstudie: Audi A6 und die große Enttäuschung
Ein Beispiel aus der Kanzlei Dr. Schulte: Ein Käufer aus Berlin erwarb einen Audi A6 mit einem scheinbar günstigen Preis und einem Kilometerstand von 80.000 km. Nach der ersten Inspektion stellte sich heraus, dass das Fahrzeug tatsächlich über 150.000 km gefahren war. Trotz mehrfacher Aufforderungen verweigerte der Verkäufer eine Rücknahme. Erst durch anwaltliche Hilfe konnte der Käufer seine Ansprüche durchsetzen und das Auto erfolgreich zurückgeben.
Fazit: Eine gute Vorbereitung zahlt sich aus
Ein Gebrauchtwagenkauf sollte nie auf die leichte Schulter genommen werden, da die Risiken von Manipulationen und verschwiegenen Schäden nicht zu unterschätzen sind. Dr. Schulte rät: „Die beste Verteidigung gegen Betrug ist eine gründliche Vorbereitung und ein wachsames Auge.“ Gerade bei Unsicherheiten kann ein Anwalt helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden und sicherzustellen, dass Sie im Ernstfall gut aufgestellt sind.