Pkw Mercedes-Benz 250 SE (Baujahr 1971) wegen falscher Angabe der Laufleistung – Beitrag von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt
München, im Herbst 2024 – Der Kauf eines Gebrauchtwagens, insbesondere eines Oldtimers, ist oft mit Risiken verbunden. Verkäufer, speziell gewerbliche Händler, versuchen immer wieder, durch falsche Angaben über den Zustand des Fahrzeugs Käufer zu täuschen und so höhere Preise zu erzielen. Ein besonders häufiger Streitpunkt ist die Laufleistung. Wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts München zeigt (OLG München, Urteil vom 14.12.2016 – 20 U 1458/16), kann die falsche Angabe der Laufleistung zur Rückabwicklung des Kaufvertrages führen – und zwar auch dann, wenn die Gewährleistung im Vertrag ausgeschlossen wurde. Der Fall verdeutlicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung des Fahrzeugs vor dem Kauf und die rechtlichen Möglichkeiten, die Käufern im Falle einer arglistigen Täuschung zur Verfügung stehen.
Autobetrug durch falsche Angaben zur Laufleistung
In dem vom OLG München entschiedenen Fall ging es um einen Mercedes-Benz 250 SE, Baujahr 1971, der für immerhin 330.000 Euro verkauft wurde. Der Verkäufer, ein gewerblicher Oldtimerhändler, gab im Kaufvertrag an, dass das Fahrzeug „nur Testfahrten“ gefahren worden sei und eine Gesamtlaufleistung von 50 km aufweise. Tatsächlich hatte der Tachometer zum Zeitpunkt der Wiederinbetriebnahme des Fahrzeugs im Jahr 2010 aber bereits einen Kilometerstand von 30.483 km aufgewiesen. Im Zuge der vom Verkäufer veranlassten Restaurierungsarbeiten war der Tachometer auf null zurückgesetzt worden. Der Käufer focht den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises.
Oberlandesgericht gibt Opfer Recht
Das Urteil: Das OLG München gab dem Käufer Recht. Die Richter stellten fest, dass der Verkäufer den Käufer über die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs getäuscht hat. Die Angabe einer Laufleistung von 50 km für ein über 40 Jahre altes Fahrzeug sei schlichtweg unglaubwürdig gewesen. Der Verkäufer hätte den Käufer darüber aufklären müssen, dass der Tachometer im Rahmen der Restaurierungsarbeiten zurückgesetzt worden war.
Die rechtlichen Hintergründe: Der Käufer eines Gebrauchtwagens darf grundsätzlich davon ausgehen, dass der Tachometer die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs anzeigt. Gibt der Verkäufer eine falsche Laufleistung an, täuscht er den Käufer. Die Täuschung ist arglistig, wenn der Verkäufer die Unrichtigkeit der Angabe kennt oder zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer getäuscht wird. Der Käufer kann den Kaufvertrag in diesem Fall anfechten. Darüber hinaus hat ein Verkäufer auch die Pflicht, den Käufer über Umstände aufzuklären, die für dessen Kaufentscheidung von Bedeutung sein könnten. Dazu gehört auch die Information, dass der Tachometer manipuliert wurde, selbst wenn dies im Rahmen einer Reparatur oder Umrüstung erfolgte.
Gewährleistungsausschluss unwirksam: Auch der im Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss half dem Verkäufer in diesem Fall nicht weiter. Der Ausschluss der Gewährleistung ist unwirksam, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt. Dies gilt auch für private Verkäufer. Sie können ebenfalls haftbar gemacht werden, wenn sie bewusst falsche Angaben machen oder wichtige Mängel verschweigen. Die Anfechtung soll verhindern, dass Verkäufer durch bewusste Falschinformationen oder das Verschweigen wichtiger Details Käufer über den Tisch ziehen. Ein Beispiel dafür ist die Manipulation des Kilometerstandes beim Autoverkauf: Der Käufer darf erwarten, dass der Tacho den tatsächlichen Kilometerstand anzeigt, und kann den Vertrag anfechten, wenn er durch eine falsche Angabe getäuscht wurde1234. Besonders brisant ist die arglistige Täuschung auch deshalb, weil sie selbst dann greifen kann, wenn im Vertrag die Gewährleistung ausgeschlossen wurde56. Somit bietet dieses Rechtsinstitut einen zusätzlichen Schutzmechanismus für Käufer, der über die gewöhnlichen Gewährleistungsansprüche hinausgeht.
Beweislast: Bei einer arglistigen Täuschung liegt die Beweislast beim Käufer. Er muss nachweisen, dass der Verkäufer vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder wichtige Informationen verschwiegen hat. Dies kann in der Praxis schwierig sein. Daher ist es ratsam, beim Gebrauchtwagenkauf Zeugen hinzuzuziehen und die Anzeige im Internet sowie alle relevanten Dokumente zu sichern.
Verjährung: Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung unterliegt einer einjährigen Ausschlussfrist. Nach wirksamer Anfechtung kann eine Rückabwicklung innerhalb der Regelverjährung erfolgen. Im Gegensatz dazu verjähren Gewährleistungsansprüche in der Regel schon nach zwei Jahren. Sie soll verhindern, dass Verkäufer durch bewusste Falschinformationen oder das Verschweigen wichtiger Details Käufer über den Tisch ziehen. Ein Beispiel dafür ist die Manipulation des Kilometerstandes beim Autoverkauf: Der Käufer darf erwarten, dass der Tacho den tatsächlichen Kilometerstand anzeigt, und kann den Vertrag anfechten, wenn er durch eine falsche Angabe getäuscht wurde. Besonders brisant ist die arglistige Täuschung auch deshalb, weil sie selbst dann greifen kann, wenn im Vertrag die Gewährleistung wurde ausgeschlossen. Somit bietet dieses Rechtsinstitut einen zusätzlichen Schutzmechanismus für Käufer, der über die gewöhnlichen Gewährleistungsansprüche hinausgeht.
Fazit: Das Urteil des OLG München zeigt, dass Verkäufer von Gebrauchtwagen ehrlich über den Zustand des Fahrzeugs informieren müssen. Falsche Angaben, insbesondere zur Laufleistung, können zur Rückabwicklung des Kaufvertrags führen. Käufer von Gebrauchtwagen sollten daher vor dem Kauf genau prüfen, ob der angegebene Kilometerstand plausibel ist. Hilfreich kann hier die Überprüfung der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) sein. Mit der FIN lassen sich online Informationen über die Historie des Fahrzeugs einholen, etwa über die Anzahl der Vorbesitzer, durchgeführte Inspektionen und eventuelle Unfälle. Im Zweifel sollten Käufer einen Sachverständigen mit der Prüfung des Fahrzeugs beauftragen.
Im Falle eines Rechtsstreits ist es ratsam, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein spezialisierter Anwalt kann die Erfolgsaussichten im Einzelfall prüfen und die bestmögliche Strategie für die Durchsetzung Ihrer Ansprüche entwickeln. Ganz clevere Autokäufer sind natürlich rechtsschutzversichert, weil sie vor dem Kauf eine entsprechende Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben. Der Grund sind die Unwägbarkeiten auf dem Weg zur Gerechtigkeit.